Müller-Hof Newsletter – Juni 2023

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Gesellschaftsrecht: Gesellschafter als alleiniger Geschäftsführer – Unsterblichkeit oder Vorsorge!

Wenn ein GmbH-Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer verstirbt, ergibt sich das Problem, wie man ordnungsgemäß zu einer Gesellschafterversammlung laden kann, um einen neuen Geschäftsführer zu bestellen. Das OLG Karlsruhe musste sich in seinem Urteil vom 27.04.2022 (Az. 1 W 71/21) mit diesem Thema befassen und hält die Bestellung eines sog. „Notgeschäftsführers“ für die richtige Vorgehensweise.

In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass eine GmbH einen einzigen Geschäftsführer hat, der auch Gesellschafter ist. Verstirbt dieser, sehen sich die übrigen Gesellschafter mit dem folgenden Problem konfrontiert: Eine Einladung zur Gesellschafterversammlung hat gemäß § 51 Abs. 1 GmbHG an alle Gesellschafter zu erfolgen. Gegenüber der Gesellschaft gilt aber nur derjenige als Gesellschafter, der als solcher in die Gesellschafterliste eingetragen ist. Der Geschäftsanteil des verstorbenen Gesellschafters geht zwar erbrechtlich unmittelbar mit dem Tod auf seine Erben über, aber dies ändert nicht die Liste: Nach dem Tod eines Gesellschafters sind die Erben noch nicht in die Gesellschafterliste aufgenommen. Damit ist unklar, wer Adressat der Einladung zur Gesellschafterversammlung sein soll. Eine Gesellschafterversammlung ist aber erforderlich, um einen neuen Geschäftsführer zu bestellen.

Würde es einen weiteren Geschäftsführer geben, so würde dieser (nach Nachweis der Erbenstellung) die Berichtigung der Gesellschafterliste veranlassen. Damit wären die Voraussetzungen für die Ladung geschaffen. War der verstorbene Gesellschafter allerdings der einzige Geschäftsführer, gibt es keine geänderte Liste, keine ordnungsgemäße Ladung, keine Gesellschafterversammlung und damit keinen neuen Geschäftsführer.

Das OLG Karlsruhe sieht die Lösung dieser Problematik in der Bestellung eines Notgeschäftsführers. Hierfür ist allerdings ein Antrag bei Gericht und ein entsprechendes Verfahren erforderlich.

Die Lösung, um das Erfordernis der Bestellung eines Notgeschäftsführers zu verhindern, ist vergleichsweise einfach: Liegt eine entsprechende transmortale oder postmortale Vorsorgevollmacht vor, kann eine Ladung an den Bevollmächtigten des verstorbenen Geschäftsführers erfolgen. In der so einberufenen Gesellschafterversammlung kann dann ein neuer Geschäftsführer bestellt werden.

Eine Vorsorgevollmacht hilft also nicht nur im „Fall der Fälle“ den eigenen Angehörigen, möglichst einfach für den Betroffenen handeln zu können. Auch für eine Gesellschaft kann es von erheblicher Bedeutung sein, dass zumindest der Gesellschafter, welcher alleiniger Geschäftsführer ist, eine derartige Vollmacht hat.

Der dem Urteil zugrundliegende Fall zeigt darüber hinaus, dass bei der Gestaltung von Vollmachten auch die Ernennung von Ersatzbevollmächtigten überlegt werden sollte. Denn vorliegend hatte der verstorbene Gesellschafter zwar eine Bevollmächtigte, diese war aber inzwischen geschäftsunfähig und konnte dementsprechend nicht für ihn handeln.

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