Müller-Hof Newsletter – März 2018
ars – aktuelles aus Recht und Steuern
Gesellschaftsrecht: Auflösung von Pattsituationen durch „Russian Roulette“ oder „Texas Shoot-out“
In der Planungsphase eines gemeinsamen Gesellschaftsprojekts ist die Stimmung unter den Beteiligten zumeist geprägt von Optimismus und Tatendrang. Verständlich ist der Wille, mit der Umsetzung des Vorhabens loszulegen, statt sich mit „staubig“ anmutenden und komplizierten Klauseln im Gesellschaftsvertrag zu beschäftigen.
Doch gerade dies ist der beste Zeitpunkt, sich mit seinen künftigen Mitgesellschaftern zu überlegen, wie man den Fall des Auseinandergehens regeln möchte. Die Einigung im Vorfeld über Beendigungsregelungen ist ein idealer Test: Wenn es bereits zu Beginn eines Zusammenwirkens Probleme gibt, Einigkeit über ein mögliches Ende herzustellen, dann wird es im Ernstfall mit Sicherheit höchst unangenehm für alle Beteiligten.
Ganz besonders in Konstellationen mit zwei gleichberechtigten Gesellschaftern besteht das Risiko, dass ein Gesellschafter sich eines Tages dauerhaft „quer stellt“ und damit alle gesellschaftsrechtlichen Entscheidungen blockiert. Ein solcher Stillstand führt im schlimmsten Fall zur Liquidation oder gar in die Insolvenz der Gesellschaft.
Um im Falle eines solchen Stillstandes wieder „Bewegung ins Spiel“ zu bringen, gibt es verschiedene Klauseln, die man im Vorfeld nach den individuellen Zielsetzungen der Gesellschafter gestalten und kombinieren kann. Sie haben gemeinsam, dass einer der beiden Gesellschafter zu einem bestimmten Entgelt aus der Gesellschaft ausscheidet.
Zwei Gestaltungen aus der Vielzahl solcher Klauseln sind beispielhaft und vereinfacht:
„Russian Roulette“-Klausel: Der ausstiegswillige Gesellschafter X unterbreitet dem anderen Gesellschafter Y ein Angebot zum Verkauf und Abtretung seines Geschäftsanteils. Gesellschafter Y kann nun wählen: Er könnte Alleingesellschafter werden, indem er das Angebot in einer vorab bestimmten Frist annimmt. Falls er sich dagegen entscheidet, muss er umgekehrt die von ihm gehaltenen Geschäftsanteile dem Gesellschafter X zu den genannten Konditionen zum Kauf anbieten.
„Texas Shoot-Out“-Klausel: Gesellschafter X gibt ein Angebot ab zum Kauf der Geschäftsanteile des anderen Gesellschafters Y. Sofern Gesellschafter Y nicht annimmt, muss dieser ein erhöhtes Kaufangebot für die Anteile des Gesellschafters X abgeben. Wird das erhöhte Angebot von Gesellschafter X abgelehnt, so hat nun dieser wieder ein erhöhtes Angebot zu machen. Die Angebotsberechtigung wechselt, bis das Verfahren durch Annahme beendet wird.
Diese Gestaltungen gibt es in einer Vielzahl von Variationen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie recht zügig und mit einer gewissen Radikalität gesellschaftsrechtliche Pattsituation beseitigen. Diese Wirkung haben sie mitunter schon allein aufgrund ihres Bestehens, ohne dass sie tatsächlich Anwendung finden: Sie erzeugen einen enormen Einigungsdruck auf die Beteiligten, unter dem sich dann mitunter Lösungsszenarien zwischen den Gesellschaftern entwickeln, die anderenfalls nicht denkbar gewesen wären.
Da diese Art von Klauseln aber auch Risiken bergen, wie beispielsweise im Falle unterschiedlicher wirtschaftlicher Kräfteverhältnisse der Beteiligten, und auch weitergehende Rechtsfragen zu berücksichtigen sind, sollten solche Gestaltungen „maßgeschneidert“ sein und nur nach sorgsamer Abwägung gewählt werden. Anderenfalls könnte „der Schuss nach hinten losgehen“.