Müller-Hof Newsletter – Dezember 2017

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Arbeitsrecht: Weisungen nach billigem Ermessen

Der Arbeitsvertrag gibt nur einen Rahmen für die Tätigkeit vor. Was konkret der Arbeitnehmer an welchem Ort und wann tun soll, unterliegt dem Weisungsrecht des Arbeitgebers. Die Weisungen müssen „billigem Ermessen“ entsprechen (§ 106 Gewerbeordnung). Die Wahrung billigen Ermessens setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden. Ob dies geschehen ist, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle.

In einer Entscheidung aus dem Jahr 2012 hatte das Bundesarbeitsgericht den Fall beurteilt, dass ein Lehrer an eine andere Schule versetzt wurde, was der Lehrer als „Akt von Willkür“ empfand und ablehnte. Der 5. Senat des BAG hat damals – etwas überraschend – die Auffassung vertreten, der Arbeitnehmer dürfe sich über eine unbillige Weisung nicht einfach hinwegsetzen, sondern müsse zunächst das Arbeitsgericht anrufen. Bis zu einer gerichtlichen Klärung sei er vorläufig an die Weisung gebunden.

Nun beschäftigte das Bundesarbeitsgericht der Fall eines Arbeitnehmers, der von Dortmund zeitlich begrenzt nach Berlin versetzt werden sollte, nachdem Kollegen in Dortmund eine weitere Zusammenarbeit mit ihm abgelehnt hatten. Sein Arbeitsvertrag sah zwar eine Versetzungsmöglichkeit vor. Allerdings nahm er die Arbeit in Berlin trotz zweier Abmahnungen nicht auf, weshalb ihm schließlich fristlos gekündigt wurde. Der Arbeitnehmer machte geltend, die Weisung sei unbillig. Daher habe er sie nicht befolgen müssen. Der 10. Senat des BAG bestätigt, dass die Versetzung nicht billigem Ermessen entsprach und deshalb nicht befolgt werden muss, ohne dass die Unbilligkeit zunächst gerichtlich bestätigt wird. Hierzu hat der 5. Senat auf Nachfrage mitgeteilt, an seiner damaligen anderslautenden Auffassung nicht mehr festzuhalten. Deshalb gilt nun einhellig, dass eine unbillige Weisung nicht befolgt werden muss und eine entsprechende Tätigkeit verweigert werden kann, ohne dass dies zuvor gerichtlich geklärt sein muss.

Für die Praxis bedeutet dies, dass bei Abmahnungen und Kündigungen wegen vermeintlicher Arbeitsverweigerung sorgfältig zu prüfen ist, ob die zu Grunde liegende Weisung billigem Ermessen entsprach oder unzumutbar war. Entsprach eine Weisung nicht billigem Ermessen, gehen Abmahnung und Kündigung wegen Arbeitsverweigerung ins Leere.

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