Müller-Hof Newsletter – Juni 2021

art – AktuelleRechtsTipps

Wohnungseigentumsrecht: Eigentümerversammlung in der Pandemie?

Die noch andauernde Corona-Pandemie veranlasst einige Verwalter dazu, überhaupt keine Wohnungseigentümerversammlungen abzuhalten bzw. deren Einberufung mit dem Hinweis auf die Pandemie zu verweigern. In einem vom Landgericht Frankfurt/Main am 16.02.2021 (2-13 T 97/20) entschiedenen Fall hatte sich der Verwalter im Oktober 2020 geweigert, eine Eigentümerversammlung einzuberufen. Zu diesem Zeitpunkt waren Zusammenkünfte von bis zu 50 Personen zulässig, sodass keine öffentlich-rechtlichen Beschränkungen entgegenstanden. Zudem waren Schulen und Geschäfte (noch) vollständig geöffnet. Die Eigentümergemeinschaft bestand zwar aus mehr als 50 Eigentümern, üblicherweise erschienen in den vergangenen Eigentümerversammlungen jedoch nur ca. 20 Eigentümer. Das Landgericht Frankfurt/Main erteilte dem Verwalter in dieser Momentaufnahme eine Abfuhr. Die vom Gesetzgeber aufgestellten Rahmenbedingen erschweren zwar die Durchführbarkeit einer Eigentümerversammlung, machen sie jedoch nicht unmöglich. Die Entscheidung hätte einige Wochen später aufgrund des bundesweiten Lockdowns sicher anders ausfallen können. Dennoch hat das Landgericht folgende wichtigen Grundsätze für das Abhalten einer Eigentümerversammlung in Zeiten der Pandemie aufgestellt:

Soweit nach den Vorgaben des Landes- und Bundesgesetzgebers Zusammenkünfte von mehreren Personen zulässig sind, können Eigentümerversammlungen grundsätzlich abgehalten werden.

Es ist zu prüfen, wie viele Eigentümer üblicherweise zu den Versammlungen erscheinen. Anhand dieser Anzahl ist zu prüfen, ob die Vorgaben der Corona-Verordnungen des Bundes und des jeweiligen Landes eingehalten werden. Auf die tatsächliche Eigentümerzahl kommt es bei der Beurteilung nicht an. Selbst wenn mit einer höheren Teilnehmerzahl zu rechnen wäre, kann in Pandemie-Zeiten davon ausgegangen werden, dass die Eigentümer in erheblichem Umfang von der Erteilung von Vollmachten Gebrauch machen.

Das Recht zum persönlichen Erscheinen darf nicht ausgeschlossen sein.

Und schließlich muss die Größe des Versammlungsortes unter Pandemiebedingungen ausreichend sein.

Wenn diese Punkte eingehalten werden, ist der Verwalter zur Einberufung und Durchführung einer Eigentümerversammlung verpflichtet. Aufgrund der sinkenden Inzidenzzahlen ist damit zu rechnen, dass Zusammenkünfte von größeren Personengruppen bald wieder unproblematisch sind.

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