Müller-Hof Newsletter – September 2024
art – AktuelleRechtsTipps
Kaufrecht: Vorsicht mit Reservierungsvereinbarungen beim Immobilienkauf
Je angespannter der Immobilienmarkt, umso größer ist die Bedeutung von Reservierungsvereinbarungen beim Erwerb von Grundstücken. Diese Vereinbarungen dienen dazu, dem Käufer ein Vorkaufsrecht oder eine zeitlich begrenzte Exklusivität zu sichern, während er sich auf den Kauf vorbereitet. Doch solche Vereinbarungen unterliegen besonderen Formvoraussetzungen, die sowohl Käufer als auch Verkäufer kennen sollten.
Im Gegenzug zu der eingeräumten exklusiven Reservierung zahlt der Käufer eine Reservierungsgebühr, die auf den Kaufpreis angerechnet werden kann. Die Vereinbarung enthält üblicherweise die genaue Bezeichnung des Grundstücks, den geplanten Kaufpreis, die Dauer der Reservierung, die Höhe und Behandlung der Reservierungsgebühr sowie etwaige Bedingungen für den späteren Kauf.
Reservierungsvereinbarungen sind rechtlich als Vorstufen zum eigentlichen Kaufvertrag zu sehen, die beide Parteien verpflichten sollen, den avancierten Kaufvertrag zu den in der Regel bereits feststehenden Konditionen abzuschließen.
Eine zentrale Frage bei Reservierungsvereinbarungen ist, ob sie der notariellen Beurkundung bedürfen. Grundsätzlich gilt für Grundstückskaufverträge ein notarieller Beurkundungszwang (§ 311b BGB), um die Rechtswirksamkeit zu gewährleisten. Dieser Formzwang kann auch für Reservierungsvereinbarungen gelten, wenn entweder eine hohe Reservierungsgebühr vereinbart wurde, die als Kaufpreisvorleistung angesehen werden kann, oder die Reservierungsvereinbarung Verpflichtungen enthält, die über eine einfache Reservierung hinausgehen und damit eine kaufähnliche Wirkung haben.
Nach derzeit herrschender Rechtsprechung liegt die Schwelle, ab der es zur Wirksamkeit der Reservierungsvereinbarung einer notariellen Beurkundung bedarf, bei einem Betrag von mehr als EUR 5.000,00 oder 0,3 % des beabsichtigten Kaufpreises.
Wird eine notarielle Beurkundung nicht eingehalten, ist die Reservierungsvereinbarung in diesen Fällen unwirksam.
Unterschreitet die Reservierungsgebühr die vorgenannten Schwellenwerte und ist grundsätzlich ohne notarielle Beurkundung wirksam, so bleibt sie in der Praxis jedoch häufig ein „zahnloser Tiger“. Dem enttäuschten Kaufinteressenten fällt es im Falle eines absprachewidrig erfolgten Verkaufs an einen Dritten regelmäßig schwer Schadensersatzansprüche gegenüber dem Verkäufer geltend zu machen. Denn eine derartige Kaufabsichtserklärung soll aufgrund der geringen Reservierungsgebühr und des fehlenden Formzwangs nach herrschender Rechtsauffassung den Verkäufer nicht bereits derart verbindlich verpflichten.
Insbesondere der im Falle eines Verstoßes gegen eine Reservierungsvereinbarung gerne herangezogene Schadensersatzanspruch des Kaufinteressenten wegen entgangenem Gewinn aus einer lukrativen Weiterveräußerung scheidet im vorgenannten Szenario aus.
Doch ganz ohne Ansprüche bleibt der enttäuschte Kaufinteressent auch in diesem Fall nicht. Zumindest unmittelbare Aufwendungen, die er im Vertrauen auf die Einhaltung der Reservierungsvereinbarung im engeren Zusammenhang getroffen hat, kann er von dem Verkäufer ersetzt verlangen. Darunter fallen vornehmlich Notargebühren, die der Käufer schon zum Aufsetzen des Kaufvertrages aufgewendet hat.
Eine weitere häufige Problematik liegt in der Höhe der Reservierungsgebühr. Diese darf nicht unangemessen hoch sein, da sonst eine unangemessene Benachteiligung des Käufers angenommen werden kann. Die Rechtsprechung hält in der Regel Reservierungsgebühren bis maximal 1 % des Kaufpreises für unproblematisch. Höhere Gebühren sollten nur durch besondere Umstände gerechtfertigt sein, da sonst die Unwirksamkeit der Vereinbarung droht.
Alles in allem lässt sich sagen, dass eine Reservierungsvereinbarung ihren Zweck nur dann vollumfänglich erfüllt, wenn auch sie bereits notariell beurkundet wurde.
Wer gerade diesen Formzwang und die damit verbundenen Kosten umgehen will, hat bei der Ausgestaltung der Reservierungsvereinbarung besondere Vorsicht walten zu lassen, da die Schwelle zur Unwirksamkeit bei derartigen Verträgen leicht zu überschreiten ist. Ebenso sollte insbesondere dem Käufer im Falle einer formlosen Vereinbarung bewusst sein, dass ihm im Falle eines Vertragsbruchs des Verkäufers nur sehr eingeschränkt Rechte gegenüber diesem zustehen.
Tröstend für den Käufer ist es zumindest, dass er seine Reservierungsgebühr im Falle eines Vertragsbruchs vom Verkäufer zurückverlangen kann – dies gilt auch bei unwirksamen Verträgen.