Müller-Hof Newsletter – Dezember 2021

art – AktuelleRechtsTipps

Vertriebsrecht: Neues Kaufrecht ab Januar 2022

Das neue Kaufrecht tritt am 01. Januar 2022 in Kraft und bringt bedeutende Änderungen, insbesondere bei Verkauf an Verbraucher („Verbrauchsgüterkauf“), aber auch im B2B-Geschäft.

Es gibt einen neuen Sachmangelbegriff. Bisher galt: Wenn die Ware der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit entspricht (subjektive Anforderung), war sie mangelfrei. Anders als bisher kann die Sache nun auch dann mangelhaft sein, obwohl sie die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Die Ware ist nach dem neuen Kaufrecht nur dann frei von Sachmängeln, wenn kumulativ drei Voraussetzungen erfüllt sind – sie muss den subjektiven Anforderungen, objektiven Anforderungen und Montageanforderungen entsprechen. Um die objektiven Anforderungen zu erfüllen, muss sich die Ware für die jeweilige Verwendung eignen und eine Beschaffenheit aufweisen, die bei Sachen derselben Art üblich ist und vom Käufer erwartet werden kann. Zusätzlich muss die Ware verpackt und mit Zubehör und Anleitungen übergeben werden.

Deshalb sollten klar formulierte Beschaffenheitsvereinbarungen getroffen werden. Verträge, AGB, Produktangebote und weitere Geschäftsunterlagen sollten überarbeitet und angepasst werden, um Rechtsnachteile zu vermeiden.

Sowohl für Waren mit digitalen Elementen als auch für digitale Produkte gilt eine Aktualisierungspflicht, bei deren Nichterfüllung die Ware mangelhaft werden kann.

Anders als bisher beginnt mit der Mitteilung des Mangels durch den Verbraucher an den Unternehmer eine fiktive angemessene Frist zur Nacherfüllung. Hat der Unternehmer innerhalb dieser Frist nicht nacherfüllt, kann der Verbraucher ohne weitere Fristsetzung vom Vertrag zurücktreten, den Kaufpreis mindern oder ggfs. Schadensersatz verlangen. Der Verbraucher kann Mängelgewährleistungsrechte auch dann geltend machen, wenn er den Mangel beim Vertragsschluss kannte.

Zu Lasten des Verkäufers gilt bislang die gesetzliche Vermutung, dass Mängel, welche sich innerhalb der ersten sechs Monaten nach Kauf zeigen, bereits bei Übergabe der Kaufsache vorgelegen haben. Die Geltung dieser Beweislastumkehr zu Lasten des Unternehmers beim Verbrauchsgüterkauf wird nun auf ein Jahr verlängert. Gewährleistungsansprüche verjähren nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach erstmaligem Auftreten des Mangels (Ablaufhemmung). Es gelten Verschärfungen bei Garantieerklärungen. Die Garantieerklärungen müssen insbesondere ohne entsprechendes Verlangen auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt werden (z.B. mittels E-Mail).

Im B2B-Bereich gibt es keine absolute Verjährung der Regressansprüche mehr. Für den Regress des Verkäufers gegen seinen Lieferanten gilt eine Ablaufhemmung, wonach die Verjährung frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt eintritt, in dem der Verkäufer die Gewährleistungsansprüche seines Käufers erfüllt hat. Zum Schutz des Lieferanten endete diese Ablaufhemmung bislang aber fünf Jahre nach dem Zeitpunkt, in dem der Lieferant die Ware dem Verkäufer abgeliefert hat. Diese Höchstgrenze von fünf Jahren nach Ablieferung der Ware entfällt nun, weil der Verkäufer gegenüber seinem Käufer insbesondere aufgrund Nichterfüllung der Aktualisierungspflicht auch nach mehr als fünf Jahren noch haften kann und ein Regress möglich sein soll.

Das neue Kaufrecht gilt für alle ab dem 01. Januar 2022 geschlossenen Verträge. Auf Verbraucherverträge über die Bereitstellung digitaler Produkte, die zwar vor dem 01. Januar 2022 geschlossen wurden, bei denen aber die Bereitstellung erst nach dem 01. Januar 2022 erfolgt, ist das neue Recht anzuwenden.

Insgesamt ist eine Überprüfung und Anpassung aller Geschäftsformulare erforderlich. Dies gilt sowohl für Geschäftsformulare an Verbraucher als auch für solche an Lieferanten und Hersteller. So muss sichergestellt werden, dass die Pflichten gegenüber den Kunden bzw. Verbrauchern und gegenüber Lieferanten/Herstellern gleichlaufen und Nachteile des Verkäufers vermieden werden.

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