Müller-Hof Newsletter – September 2021

art – AktuelleRechtsTipps

Baurecht: Vorsicht bei Fristen zur Mangelbeseitigung

Das OLG Oldenburg hat über Fristen zur Mangelbeseitigung entschieden (Urteil vom 14.05.2021, 2 U 122/20). In dem Fall wurde eine Firma mit der Errichtung einer Ausstellungshalle beauftragt. Einige Arbeiten wurden hierbei mangelhaft ausgeführt. Die erste Aufforderung des Auftraggebers zur Mangelbeseitigung ignorierte die Firma. Der Auftraggeber forderte die Firma deshalb ein zweites Mal unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung auf. Als am letzten Tag der Frist Mitarbeiter der Firma beim Auftraggeber erscheinen, um die Mängel zu beseitigen, lehnt dieser die Arbeiten ab und schickte die Mitarbeiter wieder weg. Stattdessen klagte der Auftraggeber im Anschluss hieran einen Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung durch einen Dritten ein – mit Erfolg.

Im Fall des Auftretens von Mängeln ist der Auftraggeber von Gesetzes wegen verpflichtet, dem Unternehmer eine angemessene Frist zur Beseitigung der Mängel zu setzen. Wenn der Unternehmer dann aber erst ganz kurz vor Ablauf der Frist erscheint, um die Mängel zu beseitigen, muss sich der Auftraggeber hierauf nicht (mehr) einlassen. Denn bei der Frist zur Beseitigung der Mängel handelt es sich nicht um eine Beginnfrist, sondern um eine Vornahmefrist. Folglich ist die vom Auftraggeber gesetzte – angemessene – Frist erfolglos abgelaufen, wenn der Mangel bis zum Ablauf der Frist nicht vollständig beseitigt worden ist bzw. nicht bis dahin nicht mehr beseitigt werden kann. Der Auftraggeber muss also keine Mängelbeseitigungsarbeiten mehr „auf den letzten Drücker“ zulassen. Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen, wenn etwa im Zeitpunkt des Fristablaufs nur noch ganz geringfügige Restarbeiten ausstehen, kann der Auftraggeber verpflichtet sein, dem Unternehmer noch die Möglichkeit zur Beendigung der Mängelbeseitigungsarbeiten zu geben. Der Unternehmer ist daher gut beraten, Mängelanzeigen ernst zu nehmen und sich rechtzeitig und nicht erst unmittelbar vor Fristablauf mit dem Auftraggeber in Verbindung zu setzen.

Selbstverständlich ist der Auftraggeber nicht gehindert, dem Unternehmer noch eine zweite Frist zur Mangelbeseitigung zu setzen. Das kommt auch dann in Betracht, wenn der Unternehmer kurz vor Ablauf der ersten Frist erscheint. Denn sehr wahrscheinlich führt diese Vorgehensweise schneller zur Beseitigung der Mängel als die Beauftragung eines Drittunternehmens im Wege der Ersatzvornahme. Zudem gibt es später keine unklaren Zuständigkeiten beim Auftreten neuer Mängel. Die zweite Fristsetzung schadet auch nicht, denn bereits entstandene Mängelansprüche erlöschen nicht durch die zweite Fristsetzung. Der Auftraggeber ist lediglich daran gehindert, seine weitergehenden Gewährleistungsrechte auszuüben, solange er die Gelegenheit zu Mangelbeseitigung eingeräumt hat.

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