Müller-Hof Newsletter – Juni 2025

art – AktuelleRechtsTipps

Arbeitsrecht: Kündigung per Einwurf-Einschreiben?

In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage, wie ein Kündigungsschreiben am besten zugestellt werden kann.

Bei persönlichem Kontakt kann die Kündigung durch einen Zeugen (z.B. Personalleiter) übergeben werden. Oder der Geschäftsführer, Inhaber bzw. Vorstand zieht bei der Übergabe einen Zeugen hinzu. Stattdessen kann auch eine Empfangsbestätigung des Arbeitnehmers auf einer Kopie des Kündigungsschreibens eingeholt werden. Allerdings sind Arbeitnehmer nach Erhalt einer Kündigung oft misstrauisch und wollen nichts unterschreiben.

Wenn die Kündigung verschickt werden muss, ist am schnellsten und sichersten der persönliche Einwurf durch einen Boten, der Zeuge für die Zustellung der Kündigung sein kann.

Bei größerer Entfernung wird allgemein ein Einwurf-Einschreiben empfohlen. Das Schriftstück geht mit Einwurf in den Briefkasten zu. Keinesfalls sollte die Versendung per Einschreiben mit Rückschein mit erforderlicher Zustellung gegen Unterschrift erfolgen. Denn wenn der Empfänger die Haustür nicht öffnet, wird dieses Schreiben bei der Post hinterlegt und muss abgeholt werden. Der Zugang erfolgt erst mit Abholung. Unterbleibt die Abholung, wird das Schreiben irgendwann an den Absender zurückgeschickt und ist gar nicht zugegangen.

Ein neues Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 30.01.2025 (Az. 2 AZR 68/24) betrifft den Zustellungsnachweis bei einem Einwurf-Einschreiben. In diesem Fall bestritt die Arbeitnehmerin, angeblich ca. drei Monate zuvor ein weiteres Kündigungsschreiben vom Arbeitgeber erhalten zu haben. Der Arbeitgeber trug vor, dass damals zwei Mitarbeiterinnen das Kündigungsschreiben in einen Briefumschlag gesteckt und bei der Post als Einwurf-Einschreiben persönlich aufgegeben und eine Sendungsnummer erhalten hätten. Laut dem im Internet abrufbaren Sendungsstatus sei dieses Schreiben zwei Tage später zugestellt worden. Wegen des Zeitablaufs könne der Arbeitgeber aber nun im Laufe des Gerichtsverfahrens keinen Auslieferungsbeleg der Deutschen Post mehr vorlegen.

Da der Arbeitgeber die Zustellung nachweisen muss, versuchte er, sich auf einen „Anscheinsbeweis“ zu berufen. Voraussetzung wäre ein typischer Sachverhalt, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine bestimmte Ursache oder einen bestimmten Ablauf schließen lässt. Um den Anscheinsbeweis zu erschüttern, läge es an der Arbeitnehmerin nachzuweisen, dass hier ein atypischer Geschehensablauf bestand.

Das Bundesarbeitsgericht ist dem jedoch nicht gefolgt. Allein der Einlieferungsbeleg und der Ausdruck des Sendungsstatus mit Vermerk des Zustellungsdatums würden keine ausreichende Gewähr für einen Zugang bieten und deshalb nicht für einen Anscheinsbeweis genügen. Denn der Sendungsstatus sei kein Ersatz für den Auslieferungsbeleg. Die Deutsche Post speichere Kopien von Auslieferungsbelegen 15 Monate lang. Hier habe genügend Anlass bestanden, die Reproduktion des Auslieferungsbelegs rechtzeitig anzufordern, solange dies noch möglich war. Somit blieb der Arbeitgeber den Zustellungsnachweis schuldig.

Das bedeutet jedoch nicht, dass ein Einwurf-Einschreiben nach diesem neuen Urteil nicht mehr geeignet wäre, um eine Kündigung sicher und nachweisbar zuzustellen. Aber es ist darauf achten, dass jedenfalls bei einem entstehenden Streitfall nicht nur der Sendungsstatus ausgedruckt, sondern bei der Deutschen Post auch eine Kopie des Auslieferungsbelegs angefordert wird. Dies zusammen könnte nach früheren Urteilen des Bundesgerichtshofs sogar einen Anscheinsbeweis begründen. Im Übrigen könnte jedenfalls auch der Postzusteller, wie er sich aus dem Auslieferungsbeleg ergibt, als Zeuge benannt werden.

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