Müller-Hof Newsletter – September 2024
art – AktuelleRechtsTipps
Arbeitsrecht: Entschädigung nach „Googeln“ über den Bewerber
Ein recht spektakulärer Sachverhalt liegt einem neuen Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 10.04.2024 (12 Sa 1007/23) zugrunde: Eine Universität hatte eine befristete Stelle als Volljurist/-in (m/w/d) ausgeschrieben, die unter anderem das Führen von Gerichtsverfahren und die Betreuung der Beschwerdestelle nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beinhalten sollte. Hierauf bewarb sich ein Münchener Rechtsanwalt, der vielfach als Kläger auf AGG-Entschädigungen in Erscheinung getreten war und es deshalb zu einer gewissen „Berühmtheit“ gebracht hatte. Der Universität hatte aufgrund der Bekanntheit des Namens des „AGG-Hoppers“ eine Google-Recherche über ihn durchgeführt und stieß dabei auf die Information über eine (noch nicht rechtskräftige) strafrechtliche Verurteilung: Sie erfolgte wegen Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung, weil er eine Vielzahl fingierter Bewerbungen eingereicht habe, um anschließend eine Diskriminierungsentschädigung geltend zu machen. Der Bewerber erhielt daraufhin – aus nachvollziehbaren Gründen – eine Absage der Universität.
Nun erhob der Bewerber Entschädigungsklage gegen die Universität, die in zweiter Instanz beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf landete. Zwar bestätigte das LAG Düsseldorf, dass die (nicht rechtskräftige) strafrechtliche Verurteilung der Eignung für die vorgesehene Stelle entgegensteht. Die Google-Recherche über den Bewerber sah das Gericht als zulässig an, denn sie sei im konkreten Fall erforderlich gewesen, um die Eignung des Bewerbers festzustellen und zu überprüfen. Einem Mitglied der Auswahlkommission waren Umstände bekannt, welche die anschließende Google-Recherche rechtfertigten. Offen bleibt, ob ein anlassloses „Googeln“ zulässig gewesen wäre.
Das Gericht beanstandet jedoch die Verletzung einer Informationspflicht nach Art. 14 DSGVO, wenn die personenbezogenen Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben wurden. Dazu zählt auch die Pflicht zur Mitteilung der Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden. Deshalb hätte die Universität über die durchgeführte Google-Recherche informieren müssen. Die Information über die Datenkategorien müsse dabei so präzise und spezifisch gefasst sein, dass die betroffene Person die Risiken abschätzen kann, die mit der Verarbeitung der erhobenen Daten verbunden sein können. Diese versäumte Mitteilung führe zwar nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, begründe aber einen Entschädigungsanspruch wegen eines Datenschutzverstoßes nach Art. 82 DSGVO. Deshalb sprach das LAG Düsseldorf dem klagenden Bewerber eine Entschädigung von EUR 1.000,00 zu.
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt, so dass nun abzuwarten bleibt, ob das Bundesarbeitsgericht gleicher Meinung ist.