Müller-Hof Newsletter – Dezember 2025

art – AktuelleRechtsTipps

Arbeitsrecht: Probezeit im befristeten Arbeitsverhältnis

Grundsätzlich ist es zulässig, für die ersten Monate des Arbeitsverhältnisses eine Probezeit zu vereinbaren, in der verkürzte Kündigungsfristen gelten. Das ist nach § 622 Abs. 3 BGB maximal für sechs Monate möglich. Während einer solchen Probezeit gilt statt der allgemeinen Kündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende nur eine verkürzte Frist von zwei Wochen zu jedem beliebigen Datum.

Unabhängig davon, ob überhaupt eine Probezeit vereinbart wurde und gegebenenfalls für welche Dauer, greift der gesetzliche Kündigungsschutz aber immer erst nach einer Wartezeit von sechs Monaten. Beträgt die Probezeit nur drei Monate oder wird in einem Arbeitsvertrag ausdrücklich ganz auf eine Probezeit verzichtet, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass auch auf die Wartezeit für den Kündigungsschutz verzichtet wurde und vorzeitig ein Kündigungsgrund benötigt würde. Insoweit sind Probezeit und Wartezeit zwei unterschiedliche Dinge, auch wenn es im allgemeinen Sprachgebrauch oft zusammengefasst wird.

Etwas komplizierter ist es für befristete Verträge, seit im Jahr 2022 in § 15 Abs. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz die Regelung aufgenommen wurde: „Wird für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart, so muss diese im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen.“ Wie genau ein solches angemessenes Verhältnis zwischen Probezeit und Befristungsdauer aussehen muss, hatte die Rechtsprechung bislang noch nicht geklärt. Die Literaturmeinungen schwanken zwischen 25 und 50 %.

Klar ist, dass kein befristeter Sechs-Monats-Vertrag abgeschlossen werden darf mit einer sechsmonatigen Probezeit. Wenn Probezeit und Vertragsdauer gleich lang sind, wäre das unverhältnismäßig, wie bereits vom Bundesarbeitsgericht entschieden wurde (BAG-Urteil vom 05.12.2024, 2 AZR 275/23). Zwar ist auch in einem solchen Fall eine Probezeitkündigung möglich, es muss jedoch die allgemeine vierwöchige Kündigungsfrist eingehalten werden.

In einem neuen Fall des Bundesarbeitsgerichts war es etwas schwieriger. Das Arbeitsverhältnis der Mitarbeiterin war auf ein Jahr befristet. Daneben wurde eine Probezeit von vier Monaten vereinbart mit einer zweiwöchigen Kündigungsfrist. Kurz vor Ablauf dieser Probezeit kündigte der Arbeitgeber mit einer Zweiwochenfrist. Die Mitarbeiterin machte geltend, dass die viermonatige Probezeit unverhältnismäßig lang sei. Deshalb müsse zumindest eine vierwöchige Kündigungsfrist eingehalten werden. Da aber bei befristeten Verträgen die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung ausdrücklich vorbehalten sein muss, würde die Unwirksamkeit der Probezeitvereinbarung dazu führen, dass überhaupt nicht gekündigt werden könne. Schließlich machte sie auch noch geltend, dass die Wartezeit für den Kündigungsschutz nur so lang sein könne wie eine verhältnismäßige Probezeit und deshalb hier der Kündigungsschutz bereits eingreife.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg meinte, dass eine angemessene Probezeit 25 % von der Befristungsdauer betragen würde und somit hier auf drei Monate beschränkt gewesen wäre. Die Kündigung, die im vierten Monat ausgesprochen wurde, müsse deshalb vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende einhalten. Dem Kündigungsschutz würde sie aber nicht unterliegen.

Im Revisionsverfahren sah das Bundesarbeitsgericht dies jedoch etwas anders (Urteil vom 30.10.2025, 2 AZR 160/24). Es gebe keinen Regelwert, wonach die Probezeit im befristeten Arbeitsverhältnis nicht länger als 25 % sein dürfe. Es sei in jedem Einzelfall eine Abwägung unter Berücksichtigung der Befristungsdauer und der Art der Tätigkeit durchzuführen. Hier habe es einen detaillierten Einarbeitungsplan mit drei verschiedenen Phasen von insgesamt 16 Wochen Dauer gegeben. Deshalb hielt das Bundesarbeitsgericht die Probezeitdauer von vier Monaten für verhältnismäßig und bestätigte deshalb die zweiwöchige Kündigungsfrist. Zugleich betonte auch das Bundesarbeitsgericht, dass eine unzulässig lange Probezeit nicht zu einer Verkürzung der sechsmonatigen Wartezeit für den Kündigungsschutz führen würde.

Als Folge dieser Entscheidung empfiehlt sich, bei einem Jahresvertrag je nach Art der Tätigkeit nur eine Probezeit von drei oder vier Monaten zu vereinbaren. Nur bei einer solchen Probezeit findet die kurze zweiwöchige Kündigungsfrist Anwendung.

Die Folgen einer Probezeitkündigung bei zu langer Probezeit sind allerdings meist nicht gravierend. Statt der vereinbarten zweiwöchigen Kündigungsfrist greift die Kündigung dann erst mit der allgemeinen gesetzlichen Frist von vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende, sofern nicht ausnahmsweise eine längere Frist nach der Probezeit vertraglich vereinbart wurde. Insofern kann das Risko darin liegen, dass nach rechtlicher Überprüfung noch für ein paar Wochen Entgelt nachzuzahlen ist, ohne dass eine Arbeitsleistung erbracht wurde. Der gesetzliche Kündigungsschutz greift aber immer erst nach sechs Monaten ein, auch bei einer zu langen Probezeit. Somit besteht kein Abfindungsrisiko.

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